Kind mit Sicherheitsweste und Reithelm beim Satteln eines Pferdes vor einem Reitstall

Die richtige Sicherheitsweste für Kinder

Der Markt von Sicherheitswesten im Reitsport wird seit Jahren stetig größer. Inzwischen gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Protektoren. Hier den Überblick zu behalten ist gar nicht so leicht. Im Laden oder im Online-Shop findest Du von vielen unterschiedlichen Marken unterschiedliche Formen von Sicherheitswesten, zu sehr unterschiedlichen Preisen. Das Angebot an Sicherheitswesten ist zum Glück riesig – aber genau das macht die Auswahl auch nicht leichter.

Was für eine Sicherheitsweste braucht mein Kind? Braucht es überhaupt eine Sicherheitsweste? Ist teurer gleich sicherer? Die Antwort lautet ganz klar Jein 🙂 Grundsätzlich ist ein Sturz vom Pferd nicht ungefährlich. Ein Rückenprotektor oder eine Sicherheitsweste bieten hier einen sinnvollen Schutz. Aber Schutz wovor eigentlich?

Warum eine Sicherheitsweste beim Reiten wichtig ist

Reiten ist ein wunderschöner, aber auch nicht ganz ungefährlicher Sport. Gerade bei Kindern, die noch wenig Körperkontrolle und Erfahrung im Umgang mit dem Pferd haben, kann es schnell zu Stürzen kommen. Eine passende Sicherheitsweste schützt dabei nicht nur vor blauen Flecken, sondern im besten Fall auch vor ernsthaften Verletzungen an Wirbelsäule, Brust und Bauch.

Meine Tochter hat von Anfang an eine Sicherheitsweste getragen. Heute ist das Thema viel präsenter als zu meiner eigenen Kindheit. Da gab es nur Level III Westen. Was das ist? Ließ gerne weiter, ich erkläre Dir die unterschiedlichen Schutzstufen weiter unten im Text. 

Das Tochterkind hat schon mehr als einen Sturz vom Pferd hinter sich. Die meisten absolut harmlos, einmal ist sie dem Pony aber direkt vor die Füße gefallen und es konnte ihr nicht richtig ausweichen und sie mit dem Huf an den Rippen gestoßen. Ohne Sicherheitsweste wären sicherlich mehr als blaue Flecken entstanden.

Ich selbst bin jahrelang nicht vom Pferd gefallen, dann plötzlich bin ich gleich zweimal kurz hintereinander gestürzt. Einmal beim Ausritt, einmal beim Geländetraining. Beide Stürze nicht dramatisch, dank einer Sicherheitsweste.

Als Mutter, Reittherapeutin und Reiterin weiß ich also, wie wichtig der Schutz des Oberkörpers sein kann.

Welche Arten von Sicherheitswesten gibt es?

Reine Rückenprotektoren (Level I)

Diese schützen lediglich die Wirbelsäule und die Rippen im Rückenbereich. Sie schützen also den Bereich des Körpers, der nach dem Kopf die „schlimmsten“ bzw. „folgenreichsten“ Verletzungen davontragen können. Der Körper wird vor Tritten durch das Pferd nach dem Sturz oder z.B. durch Steine usw. im Gelände oder beim Springreiten durch fallende Stangen usw. geschützt. Die Ausführungen sind sehr unterschiedlich. Mal sind es kompakte Sicherheitswesten, welche vor der Brust durch einen Reißverschluss geschlossen werden wie z.B. hier * Link , mal werden sie eher wie ein Rucksack getragen, wie beispielsweise hier * Link.

 Der Vorteil von Rückenprotektoren ist ihr Komfort. Sie sind in der Regel bequem, heizen sich nicht so stark auf und sehen auch oft gar nicht so schlecht aus.

Persönlicher Favorit: RÜCKENPROTEKTOR P07 FLEXIBLE swing KINDER schwarz WALDHAUSEN | Decathlon Zertifiziert nach EN1621-2 (Level 1)

Rückenprotektoren mit Schutzstufe II

Diese Sicherheitswesten tragen meine Tochter und ich in der Regel. Schutzwesten mit Level II bieten erweiterten Schutz, z. B. auch für die seitliche Rumpfpartie. Sie sind nach EN 1621-2 geprüft und stellen für mich den besten Kompromiss aus Sicherheit und Tragekomfort dar. Ich trage sie selbst beim Ausreiten und Springen, meine Tochter gerne beim Ausreiten und oft auch beim Dressurreiten. Dann vorallem wenn sie mit unserem eigenen (etwas temperamentvolleren) Pferd arbeitet oder sich bei bestimmten Lektionen unsicher fühlt. Hier kann die Weste auch emotional unterstützen. Sie gibt ein Gefühl von Sicherheit – das allein kann schon den Unterschied machen.

KOMPERDELL Rückenprotektor Ballistic Vest Champion – Loesdau – Passion Pferdesport Zertifiziert nach EN 1621-2 -(Level 2)

Schutzwesten mit Schutzlevel III

Sicherheitswesten mit Schutzlevel III (EN 13158:2018) bieten einen Rund-Um-Schutz des Oberkörpers. Bauch, Brust und Rücken sind gleichermaßen geschützt. Manchmal auch das Steißbein. So weit so gut, theoretisch könnte man also denken: “ Warum überhaupt eine andere Sicherheitsweste?

Die Antwort von mir lautet: Sie ist sperrig, ich habe noch nie eine bequeme Weste mit Schutzlevel III getragen, sie sind relativ schwer und schränken die Beweglichkeit ein. Im Geländetraining, also beim Springen über feste Hindernisse, ein MUSS. Ohne Level III Weste wird nicht trainiert. Und das ist auch sinnvoll. Ein Sturz auf einen Baumstamm oder einem festen Holzhinderniss kann ernste Folgen haben.

Kinder-Sicherheitsweste Belt | Schwarz | XXS | 54864443 EN 13158:2018 (Level 3) 

Ich würde aber davon abraten, dem Kind beim Reiten immer eine Level III Weste anzuziehen. Durch die eingeschränkte Beweglichkeit kann sich Dein Kind deutlich schwerer an den Bewegungsrythmus des Pferdes einfühlen, es wird ggf. auch ein falsches Gefühl von Stabilität im Reitersitz vermittelt ( ein gestreckter Sitz auf dem Pferd mit Sicherheitsweste? Kein Problem! Ohne Sicherheitsweste? Ganz schön wackelig) , ggf. wird es im Sommer richtig schnell richtig heiß.

Meine Tochter besitzt die Kinder-Sicherheitsweste Belt von Equithème und trägt sie gerne. Sie gibt ihr das Gefühl von Sicherheit beim Springreiten, was wiederum ein eigener wichtiger Baustein für Gefahrenminimierung beim Reiten darstellt. Du möchtest mehr über mentale Stärke beim Reiten lesen? Dann schau Dir gerne diesen Blogeintrag an (coming soon!).

Airbag-Westen

Ein relativ neues Produkt auf dem Markt sind Airbag-Westen. Sie lösen im Falle eines Sturzes durch eine CO² -Kartusche den Airbag in der Weste auf. Für ganz kleine Kinder gibt es keine Airbag-Westen. Ab Größe140 habe ich schon einige Modelle gesehen. Rund um das ganze Thema Airbag-Westen habe ich einen Blogpost geschrieben. Ich erzähle Dir von meinen Produkt-Recherchen bei der Anschaffung einer Airbag-Weste für meine Tochter. Hier geht’s zum Beitrag (coming soon!).

Eine Airbag-Weste kann ohne eine andere Sicherheitsweste darunter getragen werden oder noch darüber. Wichtig ist nur, das sie NIEMALS UNTER Kleidung oder einer anderen Weste getragen werden darf. Im Falle eines Sturzes kann sich die Weste nicht wie erwünscht aufblasen und im schlimmsten Fall kommt es zu Kompressionsverletzungen am Körper.

Welche Sicherheitsweste ist für mein Kind geeignet?

Unterschiede in Komfort und Beweglichkeit

Du wirst festgestellt haben, nicht jede Weste macht Sinn für Dein Kind und das entsprechende Einsatzgebiet. Gerade kleine Reiter:innen brauchen eine Weste, die Bewegungsfreiheit lässt – sonst leidet das Reitgefühl. Eine zu steife oder zu schwere Weste kann mehr stören als schützen. Steigt das Risiko, sollte in Punkto Sicherheitslevel aufgestockt werden. 

Welche Schutzstufe für welchen Einsatz?

  • Für den Einstieg oder Unterricht: Schutzstufe I oder II
  • Für Springen im Gelände: Schutzstufe III (Pflicht)
  • Für Turniere oder ambitioniertes Reiten: Kombination aus Protektor und/ oder ggf. Airbag

Persönliche Empfehlung

Für Reitanfänger oder bei der Anschaffung eines Rückenprotektors im Allgemeinen, empfehle ich einen Protektor der Schutzstufe II. Ich persönlich sehe wenig Sinn in der Schutzstufe I. Wie wahrscheinlich ist es schon, dass ich bei einem Sturz vom Pferd ausschließlich auf den Rücken falle und meine Seiten, Brust oder Bauch gar nicht betroffen sind? Eher selten… Preislich sind Sicherheitswesten mit Schutzlevel II kaum bis gar nicht teurer und bieten einen gewissen Schutz des gesamten Oberkörpers im Falle eines Sturzes.

Worauf solltest Du beim Kauf achten?

Passform, Größe und Tragekomfort

Eine Weste muss eng am Körper anliegen – ohne zu drücken. Sie darf beim Sitzen im Sattel nicht hochrutschen. Dann kann sie im Falle eines Sturzes in die Halswirbelsäule drücken oder den Reithelm ins Gesicht schieben. Ob die Weste im Umfang gut passt findest Du schnell heraus. Ab Level II sind normalerweise an den Seiten Klettverschlüsse eingearbeitet, die eine Stufenlose Anpassung an den Oberkörper ermöglichen.

Bei Level I Westen darauf achten, ob es irgendwo einschneidet oder „schlabbert“. Sicherheitswesten kann man nicht etwas größer kaufen, damit das Kind noch reinwachsen kann. Eine zu große Weste schadet mehr als sie nützt. Egal für welches Level DU Dich entscheidest, die Sicherheitsweste solltest Du auch im Sitzen prüfen. Im besten Fall im Sattel, es reicht aber auch ein Stuhl oder Sitzball. So kannst Du prüfen, ob die Sicherheitsweste zu lang ist und auf den Sattel aufstoßen würde. 

Und wie immer gilt: Auch ein Ausrüstungsgegenstand muss für Dein Kind so bequem wie möglich sein und  darf optisch auch gerne gefallen. Dann ist die Akzeptanz eine Weste zu tragen, viel höher. 

Normen und Zertifizierungen

Nur Westen mit entsprechender EN-Zertifizierung bieten zuverlässigen Schutz. Achte unbedingt auf die Angabe der Schutzstufe im Etikett!

Material und Pflege

Die meisten Modelle sind robust und leicht zu reinigen. Oft reicht es, sie in der Badewanne oder Dusche abzuspritzen. Bei Bedarf kann ein mildes Waschmittel benutzt werden. In die Waschmaschine gehören Sicherheitswesten nicht! Wenn Flecken oder Gerüche nicht mehr rausgehen, würde ich den Weg in die Reinigung empfehlen. Schlamm oder ähnliches kann im trockenen Zustand meist abgebürstet werden. 

Mein Fazit

Sicherheitswesten sind ein wichtiger Bestandteil der Reitausrüstung für Kinder. Achte auf Schutzklasse, Passform und Alltagstauglichkeit. Und denk daran: Teuer heißt nicht automatisch sicherer.

Ich hoffe, der Artikel hilft Dir weiter. Wenn Du Fragen hast oder Dir unsicher bist – meld Dich gerne bei mir oder komm in meine Beratung.

Viel Spaß beim Reiten – und: stay safe 😉

Reitwesten für Kinder – FAQ

Nein die gibt es nicht. Im Stall gilt das „Zwiebel-Prinzip“ in der Outfitplanung. Es lohnt sich im Winter in Ski-Unterwäsche zu investieren, darüber wintergeeignete Oberbekleidung die schnell trocknet. Sicherheitswesten sind aufgrund ihrer Materialien und den Schutzeinsätzen immer eher wärmend. Im Winter ist das von Vorteil. Im Sommer empfehle ich Funktions-T-Shirts, die Schweiß gut aufnehmen und vor Scheuerstellen unter dem Arm oder auf der Schulter  verhindern.

Sicherheitswesten sollten unfallfrei sein. Eine gebrauchte Weste, die einen Sturz abgefangen hat, kann ihre Schutzfunktion verloren haben. Wenn also gebraucht, dann nur mit nachvollziehbarer Historie – idealerweise aus dem engen Bekanntenkreis. Ich persönlich fühle mich mit neuen Produkten wohler. Sparen durch Gebrauchtware kann ich an sehr vielen anderen Stellen, wie z.B. bei der Reithose oder bei Stiefeln.

Teurer heißt nicht gleich sicherer! Jede Sicherheitsweste die der Norm der jeweiligen Schutzstufe entspricht, leistet auch diesen Schutz. Unterschiede sind hier eher in der Verarbeitung, dem Tragekomfort und dem Material auszumachen.  

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